Geologisches Panorama der Rigi
Rigi Geologie-Panorama.pdf
Adobe Acrobat Dokument 986.6 KB
Rigi Profile (Infotafel am Kaltbad-Weg)
Profile Rigi.jpg
JPG Bild 897.8 KB
Erdgeschichtliche Zeiträume
Ergänzung zum Zeitfries beim Chänzeli (Urs Galliker, 2016)
Zeiträume Flyer.pdf
Adobe Acrobat Dokument 652.0 KB
Erdzeit-Tabelle
Ergänzung zum Zeitfries beim Chänzeli (Urs Galliker, 2016)
Erdzeit-Tabelle.pdf
Adobe Acrobat Dokument 234.9 KB

Geologie

Die Rigi liegt aus geologischer Sicht an der Nahtstelle zwischen Mittelland und Alpen. Während Rigi Kulm, Rotstock, Dossen und Rigi Scheidegg noch zum Mittelland gehören, zählen Vitznauer Stock und Hochflue bereits zum Alpennordrand, der sich am Bürgenstock-Lopper-Pilatus fortsetzt. Drei geologisch-tektonische Einheiten (von NW nach SE) sind am Aufbau der Rigi hauptsächlich beteiligt: Aufgeschobene subalpine Molasse, subalpiner Flysch und helvetische Randkette. 

Die Molasse besteht aus Abtragungsschutt der aufsteigenden Ur-Alpen. Bei diesem Prozess schüttete die Ur-Reuss vor rund 30 Mio Jahren den 3000 m mächtigen Rigi-Rossberg Nagelfluh-Fächer auf, der das geologische Kernstück der Rigi bildet. Die Nagelfluh besteht aus vielen vom Fluss gerundeten Geröllen aus Kalkstein und Granit. Ton, Kalk, Kieselsäure oder Eisenverbindungen kitteten sie zusammen. Im Laufe der Zeit verwitterte das neue Gestein, so dass die Steine wie Nagelköpfe (= "Nagelfluh") aus den Felswänden herausragen.

Nach der Ablagerung der Molasse folgte ein tektonischer Vorgang. Durch eine Bewegung der Kontinente kam es vor 5 Mio Jahren zu einem letzten Vorschub der helvetischen Decken, die verkitteten Molasseablagerungen am Alpennordrand wurden um 15-25 km vorgestossen, schiefgestellt und gefaltet. Diese Zone wird subalpine Molasse genannt. Ihre Oberflächenformen sind charakteristisch: Es sind langgestreckte Höhenzüge, in denen kahle, schiefgestellte Nagelfluhrippen – die Riginen - mit bewachsenen Mergellagen abwechseln.

Die raschere Verwitterung der weicheren Mergel- und Sandsteinschichten zwischen den harten Nagelfluhrippen liess die typische Terrassenlandschaft der Rigi entstehen. In die pultförmige Oberfläche der Rigi sind durch die ausräumende Arbeit der Gletscher und Bäche im Laufe der Zeit Täler eingeschnitten worden.

Eingeklemmt zwischen Molasse und Kalkalpen finden sich beim Gätterlipass schiefrig-bröckelnde Flysche. Dies sind Ablagerungen, die während der Gebirgsbildung in tiefe Meeresbecken geschüttet wurden. Sie wurden bei der Alpenfaltung auf die subalpine Molasse aufgeschoben, selber aber von den Helvetischen Randketten überfahren. Auf den Wasser stauenden Flyschunterlagen können sich Moore bilden.

Die Kalk-Gesteine der helvetischen Randkette wurden im Ur-Mittelmeer Tethys abgelagert. Zur Zeit der Alpenfaltung wurden sie an die Oberfläche gehoben, später von ihrer Unterlage abgeschürft und 30-50 km nach Nordwesten verfrachtet. Dort prallte die Randkette (Hochfluh, Gersauer-, resp Vitznauerstock) auf die Molasse, wodurch diese - wie oben erwähnt - überfahren, schiefgestellt (Rigi, Rossberg) oder gefaltet wurde (Meggerwald, Dietschiberg – Michaelskreuz).

 

Höhlen

In den Nagelfluhwänden der Rigi finden sich rund ein Dutzend Höhlen, Balmen (keltisch: nischenartige Höhlung) genannt. Sie entstanden durch Verwitterung der Mergelschichten, wo Wasser und Frost an der Zerstörung des Mergels mitwirken konnten (Frostsprengung, eine Form der physikalischen Verwitterung). Auch in den Kalkwänden der Hochflue und des Vitznauer Stockes sind durch Verwitterung viele kleine Löcher und Höhlen entstanden. Die Steigelfadbalm ist die bekannteste Rigihöhle. Sie ist eine Fundstelle des ausgestorbenen eiszeitlichen Höhlenbäres. Die Bruedersbalm als höchste Höhle liegt auf 1500 m ü. M. südlich von Rigi Kulm. Zusammen mit der sieben Meter tiefer gelegenen Zilteners-Balm bildet sie eine Doppel-Balm.

Die Gruebisbalm ist nicht umsonst die grösste Höhle der Rigi. Hier tritt eine Quelle aus, welche die Verwitterung und somit die Aushöhlung begünstigt. Ein feiner Wasserfall ziert den Höhleneingang.


Eiszeiten

Auf der Rigi sind zahlreiche Spuren der letzten zwei Eiszeiten zu finden. Während der Riss-Eiszeit, der grössten Vereisung in den Alpen vor 125'000 bis 200'000 Jahren, füllten gewaltige Eismassen des Reuss-Gletschers die Talmulden des Vierwaldstätter-, Zuger- und Lauerzer-sees. Lediglich die höchsten Rigigipfel (Kulm, Hochflue, Vitznauer Stock) ragten als Nunataker (Eskimowort=nackter Fels) aus dem Eis heraus. Dank den zahlreichen Findlingen am Gottertli zwischen Hochflue und Urmiberg weiss man, dass der Gletscher damals auf beinahe 1400 m über Meer reichte.

Die Würmvergletscherung ist als letzte Eiszeit (110’000-11'000 Jahre vor heute) am besten dokumentiert. Ihre Spuren sind bis heute noch nicht verwischt worden. Das Gletschereis lag durchschnittlich 200 m tiefer als zur Risszeit. Der Reuss-Gletscher hatte eine Mächtigkeit von fast 1000 Metern. Seine Zunge lag auf dem Felsuntergrund des (heute nur noch 200 m tiefen) Vierwaldstättersees auf.

Gletscherspuren in Form von Rundhöckern, Schottern, Moränen, Findlingen und Seen prägen an vielen Orten das Relief der Rigi.

Der markanteste Moränenwall der Rigi befindet sich auf der Seebodenalp. Beim 2,8 km langen Wall handelt es sich um eine Seitenmoräne des Küssnachterarmes des Reuss-Gletschers aus dem Würm-Maximum. Moränen entstehen vor allem in den Stillstands- und Rückzugsphasen eines Gletschers. Es handelt sich dabei um eine Sammelbezeichnung für den vom Gletscher mitgeführten und abgelagerten Gesteinsschutt.

Viele Findlinge im Rigigebiet sind unter Naturschutz gestellt, z.B. der Albert-Heim-Stein am Nordost-Ende des Seebodenalpwalles. Es ist ein über 50 m3 grosser Granitfindling aus dem Gotthardgebiet. Findlinge sind grosse, ortsfremde Blöcke des Moränenschuttes. Früher wurden sie gerne als ‘Teufelssteine’ bezeichnet, da man sich nicht vorstellen konnte, wie sie an ihren Platz gelangt waren. Dieses Rätsel ist heute gelöst: Sie stammen aus den oft weit entfernten Einzugsgebieten der Gletscher (Gotthardgebiet!) und wurden von diesen transportiert.

Vierwaldstätter-, Zuger- und Lauerzersee sind sogenannte Alpenrandseen. Sie markieren die Stellen, an der die Gletscher ins Mittelland ausgetreten sind. Sie entstanden, wo voreiszeitliche Flüsse sich in Bruchzonen bei der Gebirgsbildung einschnitten und die späteren Wege für den Gletschervorstoss formten. Die vorrückenden Gletscher vertieften diese Zonen so stark, dass z.B. der Felsuntergrund des Vierwaldstättersees auf Meeresniveau liegt. Als die Gletscher zurückschmolzen, sammelte sich in den fjordartig ausgehobelten Wannen das Schmelzwasser. Es entstanden Eisrandseen, in welche die Gletscher kalbten. In der Zwischenzeit haben sich die Gletscher weiter zurückgezogen und sind heute etliche Kilometer von den Seen entfernt. 

--> Vom Chänzeli bei Nebelmeer auf ca. 1000m kann man sich die Vergletscherung gut vorstellen: der Bürgenstock ragte knapp aus dem Eis und das Mittelland war bis zum Jura vergletschert! Unter der Müseralp sieht man am Waldrand die hellen Findlinge neben dem Anfang des Steiglenwegs.

 


Bergstürze

Nach dem Rückzug der Gletscher setzten sofort Erosionsprozesse ein, die bis heute andauern. Fast ein Drittel der Rigifläche ist mit Bergsturztrümmern bedeckt. Kaum eine Wanderung kann man unternehmen, ohne an zum Teil haushohen Blöcken vorbeizukommen (z.B. auf dem spektakulären Weg durchs Felsentor). Ursache für die zahlreichen Bergstürze ist die starke Zerklüftung der Nagelfluhbänke. Wie auf einer Rutschbahn können die Nagelfluhpakete auf den durchnässten Mergellagen zu Tale gleiten. Viele Trümmer sind in der Zwischenzeit von Gebüschen überwachsen. Solche Felsblockgebüsche gelten als Rigibesonderheit.

Als bedeutendster Sturz gilt jener von Lützelau im 18 Jahrhundert. Der Ausbruch erfolgte an den Nagelfluhwänden am Grat Steiglen-Chänzeli-Geissrüggen, das Ablagerungsgebiet umfasst etwa zwei Quadratkilometer und reicht bis in den Vierwaldstättersee. Oberhalb Orenfad ereigneten sich in historischer Zeit weitere Felsstürze, wobei derjenige von 1661 das Heilbad Lützelau samt Kapelle verschüttete.

Bekannt ist der Bergsturz von Goldau. Der Ortsname Goldau stammt von „Golet“, was Schutt bedeutet. Der Sturz von 1806 gilt als der grösste historische Felsschlipf der Schweiz: Die gegen Goldau einfallenden, durch Mergellagen getrennten Nagelfluhplatten der subalpinen Molasse neigten stets zum Abgleiten in Form ganzer Pakete. Nach anhaltenden Niederschlägen öffneten sich im Frühjahr 1806 am Gipfelgrat des Rossberges mehrere Klüfte. Durch diese drang Schnee- und Regenwasser ein und schmierte die darunterliegenden Mergellagen. Am 2. September 1806, 16.45 Uhr lösten sich 40 Mio. m3 Nagelfluh-Gestein und donnerten auf einer 4 km langen Sturzbahn, welche eine Höhendifferenz von über 1000 m überwindet, zu Tal. Der Sturz war von einer gewaltigen Druckwelle begleitet. Die Nagelfluhmassen breiteten sich strahlenförmig aus, begruben die Dörfer Goldau, Röthen und Busingen unter sich, verwüsteten in wenigen Augenblicken ein Areal von 6.5 km2 und hüllten die gesamte Gegend in eine Staubwolke. Der Sturz kam erst zur Ruhe, nachdem er 60-100 m an der Rigi-Nordlehne aufgebrandet war. 457 Tote (z.T. infolge Windschlag und Überflutung des Lauerzersees) waren zu beklagen, 102 Wohnhäuser, 2 Kirchen und 220 Ställe wurden zerstört. Im Jahr 2005 lösten sich weitere Gesteinsmassen. www.goldauerbergsturz.ch

Bergstürze gehören aber nicht etwa der Vergangenheit an, sondern ereignen sich nach wie vor (Silvesterloch an Wissiflue 31.12.1987, Brändifluh 23.12.2011).