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Geschichliches von der Rigi

 

Rigi – eine Königin lädt zur Audienz

Vorgeschichte:

a)Letzte Eiszeit

Der Ruhm der Rigi ist für uns eine Selbstverständlichkeit. Die Schönheit dieses Ortes musste aber, wie alles andere auch, zuerst erkannt und gefördert werden. Nichts kann uns den weiten Weg zur seit Jahrhunderten anerkannten „Königin der Berge“ besser belegen als das Bild „Luzern zur Eiszeit“. Dieses von Ernst Hodel (1927) nach Angaben des Geologen Albert Heim realisierte Gemälde im Gletschergartenmuseum wird jährlich von Tausenden von Menschen staunend zu Kenntnis genommen und zeigt eine Gletscherlandschaft mit Mammuts, links und rechts erkennt man über einer 800 Meter dicken Eisschicht Rigi und Pilatus. Das war „Luzern“ vor 18 000 Jahren, zu Beginn der letzten Klimaerwärmung. Ihr verdanken wir das Abschmelzen des Reussgletschers und die Struktur jener Landschaft, die wir heute bewundern.

 

b) Pilatus und Rigi:

So nahe beisammen und doch so verschieden. Der wilde, unheimlich Pilatus, über Jahrhunderte gemieden. Sage vom Pilatusseelein. Keine Steine hineinwerfen. Jedem drohte Verderben, der sich ihm nahte. Bis ins 16. Jahrhundert bei schwerer Strafe verboten, den Berg ohne Bewilligung des hohen Rates zu besteigen. 1518 flehte ein Hirte den St. Galler Vadian und seine Begleiter an, sich am Seelein ruhig zu verhalten. 1585 war der Bann gebrochen. Der Luzerner Chorherr Johann Zimmermann warf Steine ins Wasser und liess seine vier Begleiter im Schlamm waten. Kein Unwetter zog sich zusammen. Der Bann war gebrochen.

Die Rigi kennt derart unheimliche Sagen nur in Verbindung mit dem Pilatus. So berichtete ein alter Mann dem Luzerner Chronisten Renward Zysat, er habe im Jahre 1564 an einen Sommerabend bei heiterem Himmel einen feurigen Drachen gesehen, der aus dem Pilatus in die Rigi geschossen sei. Die Sagenwelt der Rigi ist eher mit hilfreichen Erdmännchen bevölkert, die sich auch rächen können oder mit Heiligen, die hier verborgen im Innern des Berges leben.

Wie heisst dieser Berg, oder anders gefragt, was steht hinter dem vieldiskutierten Namen „Rigi“?

 

c) Der Name 

Erste Erwähnung in einer Urkunde vom 17. Oktober 1384.  Die Allmendgenossen von Küssnacht machten eine Verordnung ihre Güter „an Riginen“ betreffend. Und 1385 ist von einem Kauf eines Gutes „an Rigenen“ die Rede. Also: Riginen, Rigenen, Rigi?

Bekannteste Deutungsversuche: 

Rigidus mons = rauer Berg. Würde auf den Pilatus, nicht auf die Rigi zutreffen.

Mons regius = königlicher Berg. Philologen beweisen, dass aus regius nie „Rigi“ werden kann.

Regina Montium = Königin der Berge. Das bleibt sie im Herzen Tausender Besucher, hat aber mit Philologie nichts zu tun.

Deutung des Namens: Riginen: Wer vom Zuger- oder Vierwaldstättersee auf die Rigi blickt, wird die eigenartigen, lang gestreckten, schier parallel verlaufenden Felsbänder nicht übersehen. Diese Felsbänder heissen im Althochdeutschen „Rigenen“. „Riga“, die Singularform, bedeutet „das Band“, „der Streifen“. Die Rigi wäre demnach der „Berg der Streifen“.

 

d) erste Bewohner
Ihre ersten Besteiger waren nicht Sonnenhungrige, die das tausendfach berühmte Schauspiel des Sonnenaufgangs oder –untergangs bewunderten, sondern Älpler, Hirten und Sennen. Sömmerung des Viehs. Eigentliche Alpwirtschaft. Es war ein „Berg der Hirten“. Das gilt für die ganze Periode der ersten urkundlichen Nachricht bis zum Ausgang des 17. Jahrhunderts.

Die ersten Siedler waren also Hirten und Sennen. Auf der Rigi standen weder Kapellen noch Gasthäuser. Aus dem Jahre 1676 stammt die älteste uns erhaltene Beschreibung einer Rigireise. Sie stammt von den Gebrüdern Scheuchzer aus Zürich. Sie zählten auf der Rigi an die 150 Sennhütten für 2400 Stück Vieh, welches hier gesömmert wurde. Um 1900 sollen es bis 4000 Stück Vieh gewesen sein!

Der Reisebericht der Brüder Scheuchzer schildert auf geradezu dramatische Weise den Abstieg von Rigi Kulm nach Vitznau und erwähnt einen Ort, der heute in Zusammenhang mit dem Stararchitekten Mario Botta das zukünftige Bild der Rigi wesentlich mitbestimmen wird. Hier der dramatische Text der allerersten Routenbeschreibung des Abstiegs von Rigi Kulm nach Vitznau. Unser Ohr gewöhnt sich rasch an die damalige Schriftsprache des 17. Jahrhunderts:

„Allda zieht sich der Berg allgemach hinab gegen Vitznau; gegen Wäggis aber ist er wegen der Flüen, grossen Felsen und Schroffen, grusam wild und ruch, und ist daselbst herum das so genannte kalte Bad, so gleichsam mit grossen Felsen ummauert und eingeschanzet, dessen Wasser durch einen Felsen mit grossem Gerüsch hinabfallt und durch den Spalt, so in dem Felsen ist, hinauslauft, und bei der Kapellen vorüber, so in die Ehre des Erzengels Michael geweiht, dabei auch ein Haus oder Wohnung für einen Waldbruder, durch einen Kanal in einem 6 Schuh langen Trog, ungefähr eines Schuhes tief, und der auf dem Boden liegt, geleitet wird.“

 

Die Rigi: Berg der frommen Pilger und Wallfahrer

a)Kaltbad

Mit der Erwähnung von Rigi Kaltbad, der Kapelle und dem Haus des Waldbruders sind wir bei den ersten Besuchern der Rigi angelangt. Es sind nicht Touristen, sondern Wallfahrer. Auch Wallfahrtsorte brauchen irgendwelche Attraktionen, die sie von anderen Orten unterscheidet. Hier sagt es bereits der Name: „Kaltbad“. Was steht dahinter?

In der Kapelle finden wir die Inschrift, es habe „schon die natürliche Wirkung des ausgezeichneten kalten Wassers Tausenden Leben und Gesundheit neu geschenkt.“ Und Renward Cysat notierte bei seinem Besuch am 1. August 1601 ein „suber und herrlich gut Trinkwasser, auch gemeiniglich das Kalt Bad… so kalt, dass einer sein Hand gar kümmerlich eines Ave Maria lang darein halten kann. Der Mensch muss sich nackt in diesen Brunnenkasten werfen und dreimal darin mit Lyb, Haupt und allem umwerfen und tunken mit etwas Ceremonien, wie es die Einsiedler angeben…ein solches kalt Wasser…besonders Wyberpersonen… helfen soll.“

Das heilende Kaltbad hiess früher „Dreischwesternbrunnen“. Schon der Name allein verweist wegen der anonymen Dreiheit in eine magische Welt zurück, die, wie die sagenhaften Erdmännchen des Rigigebiets, in eine Zeit zurück, lange bevor auf dem Kaltbad eine Kapelle oder ein Haus für einen Waldbruder errichtet wurde.

Doch wer waren die drei geheimnisvollen Schwestern? Eine Sage erzählt, dass „drei Schwestern, ebenso schön als tugendhaft, um den Nachstellungen eines übermütigen Vogtes zu entgehen, der in Österreichs Namen gewalttätig auf der Insel Schwanau, im liebliche Lauerzersee regierte, aus der Umgebung von Arth in dunkler Nacht in die damals noch unwegsame Wildnis des Rigiberges entflohen. Als sie an die Stelle gelangt, da der frische Born vom Felsenkranz rings umschlossen, dem harten Gestein entquillt, beschlossen sie, hier zu bleiben. Aus Baumrinde richteten sie ein kleines, elendes Hüttchen auf und lebten nun, fern von der gottlosen Welt, ihr gottseliges Leben. Wie lange? Niemand wusste es zu sagen. Aber einst in einer klaren Sommernacht sahen die Sennen drei helle Lichtlein über Wald und Fels entschweben. Neugierig folgten sie dem Schein und gelangten so zur niederen Rinderhütte, in der die entseelten Leiber der drei frommen Schwestern lagen.“ ((Max Thomann, „Das Rigi-Büchlein“ S. 17f.)

Soweit die Sage. Geschichte aber ist, dass im Kaltbad 1585 eine kleine Kapelle zu Ehren des hl. Michael geweiht wurde, daneben ein kleines Häuschen für den Kaplan, der für den Gottesdienst in der Kapelle verantwortlich war. Täglich hatte er die Frühmesse zu halten und am Sonntag den Gottesdienst. Zu Beginn der Alpfahrt segnete er Weiden und Vieh und zog mit Hirten und Herden wieder ins Tal.

Erstmals waren auf der Rigi die Seelsorge in die herkömmlich Betreuung der hier arbeitenden Hirten und Sennen aufgeteilt, die am Sonntag nicht den langen Weg in die Pfarreien Vitznau oder Weggis und wieder zurück auf den Berg zurücklegen mussten. Neu war die Betreuung der immer grösser werdenden Anzahl von Pilgerinnen und Pilgern – die wir als erste, fromme Rigi - Touristen bezeichnen dürfen.   Wieder ist es der Stadtschreiber Leopold Cysat aus Luzern , der nicht nur vom Kulm aus seine berühmte Karte des Vierwaldstättersees zeichnete, sondern als erster auch eine Beschreibung des einfachen Kurbetriebs im Kaltbad hinterliess:

„Es baden auch viele Leute in diesem übermässig kalten Wasser, welches von den Felsen bei der Kapelle vorüber in einen grossen Trog geleitet wird, tauchen sich nun dreimal hinein, dann es niemand wegen der Käte lang darin erleiden kann. Dieses Bad soll neben der Wallfahrt gut sein für Rücken – Haupt- und Mutterwehe, wie auch für allerlei Fieber. Mir haben ehrliche, redliche Leute und Vorgesetzte des Amtes Weggis und anderen Orten bezeuget, dass sie von Fiebern, auch anderen Gebresten und Zuständen von diesem Bad kuriert und befreit worden.“ (Thomann, S. 19)

Wichtig ist der Hinweis, dass die Wasserkur von der Wallfahrt nach Kaltbad nicht getrennt wurde.

 

b) Rigi Klösterli

Um die Wallfahrer auch von der Schwyzer- und Zugerseite zu ermöglichen, führte zuerst ein Pilgerweg mit Kreuzwegstationen von Goldau bis Rigi Kaltbad. Dass die Rigi ein besonderer, geradezu heiliger Berg war, ist zuerst der Beobachtung zu verdanken, das auf ihr noch nie eine Schlange gesehen wurde. Was das religiöse Leben der Hirten und Sennen betraf, so hatten sie – wie bereits erwähnt - besonders eine Sorge, ihre Andacht zu verrichten und an Sonn- und Feiertagen die heilige Messe zu besuchen. Die kleine Kapelle im Kaltbad war deshalb dem Andrang der Älpler und Pilger nicht mehr gewachsen. Es entstand Streit unter den Sennen um den Platz im Gotteshaus. Die Luzerner, auf deren Gebiet die Kaltbad – Kapelle stand, beanspruchten ihr Vorrecht und verweigerten den Schwyzern den Zutritt.

1659 beschloss der reiche, verheiratete, aber kinderlose Johann Sebastian Zay, Kirchenvogt in Arth und Ratsherr in Schwyz den Älplern zum Trost im heutigen Klösterli eine Kapelle zu bauen, unter der Bedingung, dass sie die Baumaterialien an Ort und Stelle brachten. Zay versah die Kapelle mit Stiftungen, damit sie auch nach seinem Tod ihre segensreiche Aufgabe erfüllen konnte. Dazu bedurfte es aber einer bleibenden Seelsorge. Seit zwanzig Jahren bestiegen Kapuziner aus dem Kloster Arth die Rigi, um im Klösterli die Sonntagsgottesdienste zu halten. Unterkunft fanden sie in verschiedenen Alphütten. Um diesem Notstand abzuhelfen, errichtete Zay neben der neu erbauten Kapelle vorerst ein kleines Häuschen mit Küche, Stube und zwei Klosterzellen für die Unterkunft der Kapuziner. Später kam ein zweites Stockwerk mit vier kleinen Zimmern für Patres und Gäste hinzu. 1690 wurde das Gnadenbild Marias im Altar eingesetzt, die Wallfahrten begannen und die Urzelle von Rigi-Klösterli war errichtet und gesichert.

Dazu bedurfte es aber noch eines besonderen Privilegs. Dem Ratsherr und Stifter Zay gelang es 1696, die Kapelle „in ewigen Schutz und Schirm der Glaubenskongregation des Vatikans zu unterstellen. Das heisst, die Stiftung Rigi – Klösterli wurde „exempt“, das heisst, weder die Pfarrgeistlichkeit noch der Bischof sondern nur der Papst konnte in die Geschichte des neuen Wallfahrtsortes auf der Rigi eingreifen. Die päpstliche Urkunde hält fest: „ Das Kapellchen soll ein Sammelplatz aller Betrübten auf alle, auch späteste Zeiten sein.“ So wurde 1700 das Klösterli nicht vom Bischof, sondern vom päpstlichen Nuntius auf den Namen „Maria zum Schnee“ geweiht.

Warum „Maria zum Schnee“? Weil es im Winter hohen Schnee hat? Nein. Um diese Namensgebung zu verstehen, müssen wir 1500 Jahre zurückgehen. Damals, im Jahre 360 n. Chr. lebte in Rom ein reicher, verheirateter, aber kinderloser Patrizier. Sie wollten ihr Erbe der Himmelskönigin Maria vermachen. Sie baten die Muttergottes, sie möge ihnen mitteilen, wie sie ihr grosses Vermögen verwenden sollten. Da erschien ihnen nach der Legende Maria im Traum und sagte ihnen, die sollten ihr zu Ehren in Rom eine Kirche bauen. Frisch gefallener Schnee würde ihnen die Baustätte weisen. Der Schnee fiel, und so entstand Santa Maria Maggiore, eine der sieben Hauptkirchen in Rom, auch „Santa Maria al neve“ genannt.

Auch Ratsherr Zay von Arth war reich, verheiratet und kinderlos und wollte einen Teil seines Vermögens Maria schenken, und so erbaute er „Maria zum Schnee“ auf der Rigi. Von diesem Tag an nahm die Wallfahrt zum Klösterli enorm zu. Bereits 1717 verbrachten die Kapuziner erstmals den ganzen Sommer auf der Rigi. Seitdem heisst der Ort auch „Rigi – Klösterli“. Jährlich mussten bis zu 15 000 Pilger betreut werden. Nach dem Bau des Klösterli pflegten die Rigipilger bei ihren Wallfahrten beide Kapellen zu besuchen, das heisst, sie stiegen vom Klösterli übers Kaltbad nach Weggis hinab, oder kamen von der Luzerner Seite ins Kaltbad, um über das Klösterli nach Arth, Goldau und Schwyz zu gelangen.

Doch mit der Zeit nahmen die Wallfahrten ab, der Strom der Menschen, die sich nicht mehr für die Alpwirtschaft und Wallfahrten interessierten, nahm zu, das Zeitalter des Tourismus begann, die landschaftliche Schönheit der Rigi wurde entdeckt und erobert. Ein neues Zeitalter begann.

 

 

Die Innerschweiz im Spannungsfeld zwischen Ideal und Wirklichkeit

Rückblickend staunen wir, wie lange es dauerte, bis die Innerschweiz um die Mitte des 18. Jahrhunderts wie ein neuer, exotisch anmutender Kontinent entdeckt wurde. Das Zusammentreffen dreier Faktoren waren dafür ausschlaggebend.

1. Die Bedeutung Tells als demokratische Kultfigur

Was noch vor wenigen Jahrzehnten besonders im Raum der Innerschweiz geradezu gefährlich war, ist heute sowohl historisch wie literaturwissenschaftlich gesichert. Die Geschichte Tells gehört ohne Zweifel zu den faszinierendsten Freiheitsgeschichten der Weltliteratur, ist aber eine Gestalt der Fabel. Innerhalb der Gründungsurkunden der ersten Jahrzehnte der Eidgenossenschaft gibt es kein einziges Zeugnis, das auf einen Meisterschützen namens Tell hinweiset, sowenig eines auf den legendären Burgenbruch. Irgendwann zwischen dem 13. Und 14. Jahrhundert muss in den Urkantonen die Wandersage vom Meisterschützen ihr definitives Ziel, das heisst den Ort ihrer Lebbarkeit gefunden haben. Sie kam aus Dänemark. Ein Jahrhundert vor der Gründung der Eidgenossenschaft wurde sie, um 1200 vom Mönch Saxo Grammaticus aufgezeichnet. Weshalb kam sie an die Gestade des Vierwaldstättersees? Es macht den berechtigten Eindruck, die Sage habe hier sowohl in der Landschaft wie in der freiheitsliebenden Mentalität wie in der strategischen Erfolgsgeschichte der Alten Eidgenossenschaft ihre eigentliche und damit auch nach aussen glaubwürdigste Entsprechung gefunden und wurde als solche erstmals erst im 15. Jahrhundert im „Weissen Buch von Sarnen“ festgehalten.

Der Streit um die historische Existenz unseres Nationalhelden konnte beginnen. Der uns wohlgesinnte österreichische Schriftsteller Hans Weigel löste das Dilemma mit der Bemerkung: „Ob Wilhelm Tell gelebt hat, weiss man nicht. Aber dass er den Landvogt Gessler umgebracht hat, steht fest.“ („Lern dieses Volk der Hirten kennen“ S. 7)

Wichtiger als die Auseinandersetzungen um die historische Existenz Tells ist seine Akzeptanz im Bewusstsein des Volks. Da gibt es im 15. Jahrhundert das „Tellenlied“, und zu Beginn des 16. Jahrhunderts das „Urner Tellenspiel“, die erste dramatische Umsetzung der Tellsage.

Ebenso bedeutungsvoll sind aber die bildlichen Darstellungen der Tellsgeschichte auf Münzen, Glasscheiben, Holzskulpturen, Hauswänden, Wirtshausschildern, Glasscheiben usw. So war Tell präsent, als in der Mitte des 18. Jahrhunderts, am Vorabend der Revolution, vor allem die antimonarchischen Bewegungen Deutschlands und Frankreichs, aber auch und das Amerika der Befreiungskriege auf die freiheitliche Demokratie der Schweiz blickte. Vergessen wir nicht: Die Schweiz war damals rings von Monarchien umgeben. Eine Begeisterung von nie gekanntem Ausmass flutete die kleine Schweiz, vor allem den innerschweizerischen Kernlanden entgegen. Zwei Bewegungen trafen sich in der Mitte des 18. Jahrhunderts. Patriotismus von Innen und Verklärung der Schweiz von aussen.

In diesem Prozess der Verklärung spielte die Rigi schon rein geographisch eine wichtige Rolle. Sie stand wie ein schützender Riegel vor den erst jetzt entdeckten ebenso faszinierenden wie erschreckenden Schönheiten der Alpen. Diese mussten allerdings erst einmal entdeckt, das heisst mit neuen Augen gesehen werden. Wir können es uns kaum ausmalen, was geschehen wäre, wenn Albrecht von Haller im Jahre 1732 sein Epos „Die Alpen“ nicht geschrieben hätte (siehe Literatur).

 

Bergsturz von Goldau (2. September 1806)

Doch die scheinbar so sicher feststehende, von der Zivilisation verschonte Idylle wurde mitten im aufstrebenden Ruhm des frühen 19. Jahrhunderts von der Natura selber radikal in Frage gestellt, ausgerechnet von jener Seite, die zu ihrem internationalen Renommée Wesentliches beigetragen hatte.

Am 2. September 1806 erfolgte nach einem ausserordentlich intensiven Regensommer der schreckliche Bergsturz von Goldau. 15 Millionen Kubikmeter Nagelfluh-Felsen schossen vom Rossberg ins Tal und begruben das Dorf Goldau. Gewaltige Felsblöcke kamen zum Teil erst an der Rigilehne zum Stillstand. Von der Gewalt dieses Naturereignisses zeugen noch immer die Steintrümmer im Goldauer Tierpark. Noch heute sieht man von der Rigiseite her die Abbruchstelle am Rossberg. 457 Menschen verloren ihr Leben, zwei Kirchen und gut hundert Häuser wurden verschüttet und gut 200 Scheunen und Ställe zerstört.

Nicht nur das Mitleid mit den Menschen, sondern auch die touristische Berühmtheit der Gegend löste eine noch nie dagewesene nationale wie internationale Hilfsbereitschaft aus, wie man sie in diesem Ausmass noch nie erlebt hatte. Auch Goethe, der Kenner der Rigi und seiner Umgebung war tief betroffen, als er in Weimar von diesem auch ihn erschütternden Ereignis hörte.

So seltsam es klingt, aber die Auswirkungen dieser Katastrophe förderten das Ansehen und das weiterhin wachsende Interesse an der Natur. Ihre unberechenbare Gefährlichkeit, gegen die kein menschliches Mittel aufkommen konnte, verband sich mit ihrer jeder Zivilisation entrückten Schönheit. Eine neu erwachte Naturfrömmigkeit, an der sich viele, auch gelehrten Persönlichkeiten, neu zu orientieren begannen, wirkte ausgleichend gegenüber dem beginnenden, rational orientierten, technischen Zeitalter. Man fühlte sich Gott näher als in den weitgehend eng gebauten Städten.